Netzwerk Klimakrise und Wälder
Im Rahmen des Projektes „Netzwerk Klimakrise und Wälder“ hat am 26. September das Netzwerktreffen „Waldvision Schleswig-Holstein: Gemeinsam gegen die Klimakrise“ stattgefunden. Die Veranstaltung bot eine wertvolle Gelegenheit, Akteur*innen aus unterschiedlichen Fachbereichen und Regionen zusammenzubringen, darunter auch Teilnehmende aus afrikanischen Ländern und Schleswig-Holstein.
Wie können wir Wälder an die Klimakrise anpassen?
Prof. Dr. Andreas Bolte vom Johann Heinrich von Thünen-Institut in Eberswalde beleuchtete in seinem Impulsvortrag verschiedene Ansätze, um Deutschlands Wälder widerstandsfähiger gegenüber den Herausforderungen der Klimakrise zu machen. Er zeigte auf, dass für die notwendige Anpassung bis 2050 jedes Jahr etwa 95.000 Hektar Wald umgebaut werden müssten – ein enormes Vorhaben im Vergleich zu den aktuell bewältigten 22.000 Hektar pro Jahr. Die geschätzten Kosten belaufen sich dabei auf 13 bis 43 Milliarden Euro.
Bei der Anpassung gibt es zwei Hauptstrategien:
- Passive Anpassung: Wälder werden sich weitgehend selbst überlassen. Dabei liefern besonders anpassungsfähige Bäume durch natürliche Selektion die Grundlage für klimastabile Wälder der Zukunft.
- Aktive Anpassung: Hier sind gezielte Eingriffe notwendig, wie z. B.:
- Waldumbau mit neuer Baumartenwahl, etwa angepasste heimische Baumarten oder sogar nicht-heimische Arten und gezüchtete Varianten.
- Geändertes Waldmanagement wie gezielte Bodenbearbeitung, Bewässerung oder eine intensivere Durchforstung.
- Kombinierte Ansätze, die passive und aktive Strategien verbinden, und die sowohl auf einzelne Bestände als auch auf Landschaftsebenen abzielen.
Interessant ist, dass es europaweit keinen einheitlichen Ansatz gibt. Die bevorzugten Methoden variieren je nach Land, Region oder Eigentumsverhältnissen der Wälder.
Nachhaltige Waldnutzung: Der Stadtwald Lübeck als Vorbild
Dr. Lutz Fähser, Diplom-Forstwirt und ehemaliger Leiter des Stadtwaldes Lübeck, präsentierte in seinem Impulsvortrag das Lübecker Modell der "ökosystemorientierten Waldnutzung". Ziel dieses Ansatzes ist es, den Wald weitgehend ungestört zu bewirtschaften und so seine natürlichen Funktionen zu erhalten. Das Lübecker Waldkonzept, das bereits 1994 eingeführt wurde, basiert auf folgenden Grundprinzipien:
- Naturnähe: Die Wälder sollen sich an natürlichen Waldgesellschaften orientieren.
- Suffizienz: Eine Nutzung, die sich am natürlichen Ertragsniveau ausrichtet, ohne die Wälder zu überlasten.
- Minimum-Prinzip: Eingriffe werden auf ein absolutes Minimum reduziert, um ökologische Prozesse zu schützen.
Die zentrale Hypothese des Konzepts lautet: Ein ökologisch optimal funktionierender Wald bildet die Grundlage für langfristig nachhaltige und wirtschaftlich optimale Ergebnisse.
Die Erfolge sprechen für sich. Seit Einführung des Konzepts hat sich die Artenvielfalt im Stadtwald Lübeck deutlich erhöht, gemessen unter anderem an den Brutbeständen seltener Vogelarten:
- Kraniche: von 2 auf über 30 Brutpaare
- Mittelspechte: von 25 auf über 110 Brutpaare
- Neuansiedlungen von Arten wie Seeadler, Schwarzstorch und Schwarzmilan
Diese Impulse führten zu zahlreichen Nachfragen und angeregten Diskussionen. Der dritte Impuls kam von den Projektmitgliedern des Projekts „Klimadialoge 2.0“, koordiniert vom Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e.V. Hierbei wurden die Aktivitäten vorgestellt, die in sieben afrikanischen Ländern durchgeführt werden, mit einem besonderen Fokus auf Aufforstung in Kombination mit Bildungsarbeit. Die Präsentation bot Einblicke in die Hintergründe, die ein Projekt wie dieses notwendig machen, darunter Trockenheit, Dürre und extreme Wetterereignisse in vielen Ländern Afrikas. Das Projekt ist in Ghana, Kamerun, der Demokratischen Republik Kongo, Mali, Tansania, Togo und Tunesien aktiv und arbeitet eng mit lokalen Kooperationspartner*innen zusammen. Ziel des Projekts ist es, durch Umweltbildung und Aufforstung kleiner Flächen einen Beitrag zur Ernährungssicherheit und zur Bildung für nachhaltige Entwicklung zu leisten. Das Projekt läuft bis Juli 2025.
Als letzte Präsentation wurde das Crowdfunding „Bäume für eine Welt“ präsentiert. Das Crowdfunding ist eine Kooperation zwischen IB.SH, Schleswig-Holsteinische Landesforsten (AöR) und dem Bündnis eine Welt Schleswig-Holstein e.V.
„Bäume für eine Welt“
Das Projekt „Bäume für eine Welt“ fördert gesunden, klimastabilen Wald in Schleswig-Holstein durch internationale Kooperation. Wir lernen aus der Expertise von Ländern wie Tansania, die bereits umfangreiche Erfahrungen mit klimaresilienter Aufforstung gesammelt haben, um gemeinsam wirkungsvolle Lösungen für den Klimawandel zu erarbeiten. Im Forstgebiet Schmalfelder Wohld, nördlich von Kaltenkirchen, sollen 2.000 neue Bäume gepflanzt werden. Hier handelt es sich um einen etwa 80 Jahre alten Lärchen-Buchen-Mischwald, in dem auch Fichten, Birken und Stieleichen vorkommen.
Mehr Informationen sind unter diesem Link zu finden: Bäume für eine Welt
Als Abschlussrunde diente die World-Café-Methode dazu, dass sich die Teilnehmenden austauschen und neue Kontakte knüpfen konnten.
Die gesamte Veranstaltung wurde von dem Live-Zeichner Volker Sponholz begleitet, dessen fertiges Werk als begleitendes Material zur Dokumentation des Tages diente und in diesem Artikel zu sehen ist.
Die Veranstaltung wurde gut angenommen und es nahmen insgesamt 30 Personen teil.
Ergebnisse und Ansatzpunkte für zukünftige Aktivitäten:
Während des Treffens wurden konkrete Ansätze diskutiert, wie die Widerstandsfähigkeit unserer Wälder gegen die Klimakrise gestärkt werden kann. Die Teilnehmenden erarbeiteten Ideen zu nachhaltigen Waldbewirtschaftungspraktiken und stärkten das gemeinsame Verständnis für die Notwendigkeit, lokale und internationale Erfahrungen zu bündeln. Der Workshop identifizierte außerdem praxisorientierte Lösungsansätze und inspirierte zur Umsetzung spezifischer Maßnahmen, wie beispielsweise die Schaffung eines Netzwerks, um Wissen und Ressourcen kontinuierlich auszutauschen. Das nächste Netzwerktreffen findet im Forstgebiet Schmalfelder Wohld statt, wo wir uns die Ergebnisse des Pflanzprojekts ansehen werden.
Zusammenfassung und Ausblick:
Die Veranstaltung hat klare Impulse für die zukünftige Arbeit im Bereich Wald- und Klimaschutz gegeben und wird als Grundlage für kommende Projekte dienen. Die erarbeiteten Ideen und Pläne sollen in die strategische Planung und Fördermaßnahmen eingebunden werden, um die Nachhaltigkeit und Resilienz der Wälder in Schleswig-Holstein zu sichern. Besonders interessant war es, Akteur*innen aus verschiedenen Bereichen zusammenzubringen, um ihre Ansätze zum Schutz der Wälder zu teilen, was den Wissenstransfer förderte und die Veranstaltung bereicherte.
Hier kann man die gesamte Bilder von der Veranstaltung sehen. Hinweis: Die Bilder von Herrn Sponholz sind ausschließlich für den internen Gebrauch bestimmt und dürfen nicht anderweitig verwendet werden.