Ausstellungseröffnung: Land&Wirtschaft - Wer erntet?
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Aus der Reihe „SDG auf dem Prüfstand: Moore, Boden, Handelsabkommen“.
Eine gute Ernte ist das Ziel von Millionen von Landwirt*innen weltweit. Aber wie kann eine Ernte gelingen, die die Ernährung der Bevölkerung sichert? Und welche Rolle spielen agrar- und entwicklungspolitische Programme sowie Agrarkonzerne in den Entscheidungen der Landwirt*innen? Wo steht dabei die Gestaltung der EU-Agrarpolitik? Immer mehr Landwirt*innen sind bereit eine nachhaltige Landwirtschaft zu gestalten, hierfür braucht es allerdings wirtschaftliche Perspektiven, die vor allem durch politische Maßnahmen gestaltet werden müssen. Einen Rahmen dafür können die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bieten, die das politische und eigene Handeln in globaler Verantwortung betrachten.
Die Ausstellung „Land und Wirtschaft - Wer erntet?“ lässt Landwirt*innen aus Deutschland und Tansania zu Wort kommen. Deutlich wird: das politische Ziel, eine bäuerliche und zukunftsfähige Landwirtschaft zu unterstützen, verfehlt oftmals die Praxis und unterstützt die Landwirt*innen unzureichend oder beeinflusst sie sogar zu ihrem Nachteil. Den größten Gewinn machen die global agierenden Agrarkonzerne. Offizielle Eröffnung war am 16.01.2025, bei der die Inhalte mit Experten zum Thema eingeordnet wurden. Über die landwirtschaftliche Perspektive in Tansania berichtete zunächst Dr. Brighton Katabaro (Missionsakademie Universität Hamburg). Die Teilnehmenden hatten anschließend die Möglichkeit, sich die Ausstellung anzusehen, bevor Yannick Rzehak (AbL) die Inhalte mit seiner Perspektive zur Landwirtschaft in Deutschland ergänzte. Anschließend konnten Teilnehmer*innen ihre Fragen an beide Referenten in einer offenen Diskussion stellen.
Jan Sachau (Moderation) führte die TN zunächst kurz inhaltlich ein und ging dabei vor allem auf die Bedeutung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) ein. Landwirt*innen weltweit stehen vor der Herausforderung, ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern, nachhaltige Entwicklung zu fördern, Ernährungssicherheit zu gewährleisten und mit den Folgen politischer sowie struktureller Entscheidungen umzugehen. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft soll wirtschaftlichen Erfolg mit Umweltschutz verbinden und zugleich faire globale Strukturen garantieren können.
Impulsvortrag
Dr. Brighton Katabaro ging in seinem Vortrag (ca. 20min) auf die Strukturen und Herausforderungen von Landwirt*innen in Tansania ein. Auswirkungen der Klimakrise (Dürre, Wasserknappheit) machen es Landwirt*innen zunehmend schwieriger, ertragreiche Ernte zu gewinnen. Fehlende Handelsabkommen mit Industriestaaten des globalen Nordens führen außerdem dazu, dass die Erträge günstig eingekauft werden und damit sowohl die Ernährungssicherheit vor Ort als auch die existenzielle Sicherung der Landwirtschaft gefährdet wird. Katabaro appellierte an die Bedeutung fairer Handelsabkommen, eine umweltfreundliche Gestaltung der Landwirtschaft sowie politische Unterstützung.
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Einordnung und Diskussion
Die Ausstellung konnte anschließend mit Getränken und Snacks besucht werden und TN erhielten einen tieferen Einblick in globale landwirtschaftliche Zusammenhänge. Nach ca. 20min führte Yannick Rzehak (AbL) mit der Perspektive deutscher Landwirt*innen fort. Er hob hervor, dass die Klimakrise auch in Deutschland erhebliche Herausforderungen für die Landwirtschaft mit sich bringt, da sie sowohl die wirtschaftliche Existenz der Landwirt*innen als auch die landwirtschaftlichen Erträge bedroht. Dabei stellte er das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft vor, welches er auf seinem eigenen Hof umsetzt, und betonte die Vorteile dieses Modells für eine umweltschonende und sozial gerechte Landwirtschaft. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die kapitalistischen Strukturen der landwirtschaftlichen Versorgung in Europa nur begrenzten Spielraum für nachhaltige Ansätze lassen. Insbesondere die Solidarische Landwirtschaft und die interne Weiterverarbeitung von Erträgen sind mit finanziellen und wirtschaftlichen Hürden verbunden, die es der Mehrheit der Landwirtinnen erschweren, auf dieses System umzusteigen.
In der anschließenden Diskussion beteiligten sich vor allem TN aus dem landwirtschaftlichen und agrarpolitischen Kontext. Besprochen wurden mögliche Lösungsansätze, um Landwirtschaft global gerechter und umweltschonender zu gestalten. Zudem wurde diskutiert, inwiefern individuelle Kaufentscheidungen zur Problemlösung beiträgt. Deutlich wurde: es braucht politische, internationale Entscheidungen und Verträge. Den individuellen Konsum anzupassen, hilft zwar, Druck auf das Thema aufzubauen, können aber die strukturellen Zusammenhänge nicht lösen.
Fazit
Im Publikum waren Personen aus Landwirtschaft, Politik und Nachhaltigkeitsbeauftragte der Stadt Kiel. Insgesamt bestanden die TN also eher aus Menschen, die privaten oder beruflichen Kontext zum Thema aufwiesen. Besonders freuten wir uns auch über die Teilnahme einer Schulklasse. Die Fachkenntnisse des Großteils der TN bereicherte die Diskussion und hob den Austausch auf ein inhaltlich tieferes Niveau.
Die Veranstaltung vermittelte in niederschwelligem Kontext die globalen Zusammenhänge von Lebensrealitäten der Landwirt*innen in Deutschland und Tansania, ihrer existenziellen Sicherung, globaler Ernährungssicherheit und der Zusammenarbeit zwischen globalem Norden und Süden. Die UN-Nachhaltigkeitsziele wurden als Rahmen für nachhaltige Entwicklung im Bereich Landwirtschaft herangezogen, deutlich wurde allerdings auch die Verantwortung politischer Entscheidungen und die Bedeutung globaler, fairer Abkommen auf Augenhöhe.